top of page
Search
  • sudetenprojekt

Interviewausschnitte auf Deutsch

Updated: Sep 23, 2019

1) Heinzl, Direktor des Klosters, Haindorf

(...) Außer die großen Denkmäler gibt es noch kleinere, die keinen Denkmalschutz haben, aber sie spielen eine wichtige Rolle, die mit dem Gedächtnis des Orts verbunden ist, und sind mit dem Wallfahrtsort verbunden – vor allem die Kapellen und Marterl. Ganze Menge von diesen Denkmälern trägt, insbesondere, die sprachlichen Spuren der ursprünglichen deutschsprachigen Bewohner. Und eben das erinnert an die Deutschen in unserem Region. Die Sache ist, dass die tschechische Bevölkerung etwas begegnet, was sie nicht versteht. Das ist derzeit in den Friedhöfen am meisten zu sehen, obwohl die Friedhöfe eine nationale Säuberung durchliefen, die nicht nur die Periode vor 1989 betraf. Zum Beispiel auf dem Friedhof in Hejnice wurden die deutsche Gräber erst nach der Revolution abgerissen; die zerstörten Grabsteine wurden dann auf die nächste Müllkippe abgefahren. Also die Friedhöfe spielen eine wichtige Rolle eben wegen des Nachlasses auf die deutsche Bevölkerung in diesem Region. Dann sind das auch die Inschriften, die hier und da auf den kleinen Denkmälern hier in Isergebirge noch auftauchen und zu einem Phänomen geworden sind. Auf manche Denkmäler sind die Inschriften zweisprachig und auf manche nur deutsch.


In den 90er Jahren fängt eine Anomalie an, die wir nie, oder sehr lange nicht mehr begegnen: die drei Millionen Menschen, die von hier weggegangen sind, dann sie selbst oder ihr Nachwuchs waren ein unglaublich versäumtes Potential, sie waren bereit an die Renovierung des kulturellen Nachlasses teilzunehmen. Die starke Verbindung dieser Menschen zum Heimatland und ihre wirtschaftliche Fähigkeiten und Potential trug zu der Renovierung nicht nur der kleineren Denkmäler, sondern auch zu der Renovierung eine ganze Reihe von den sakralen Denkmäler bei. Weil im Vergleich zu den staatlichen Institutionen, die in der Lüge lebten, vor allem die Vertreter dieser Institutionen. Die Lügen über die Armeen der Sudetendeutschen, die an der Grenze warten, um ihre Häuser zurückzuerobern. Diese Angst vor den Sudetendeutschen wurde die ganze 40 Jahre in den Köpfen der tschechischen Gesellschaft gewachsen. Im Unterschied zur Kirche, die eine Rolle des Versöhnungs spielte. Und natürlich für die Vertriebenen hatte die Verbindung mit der Kirche so eine Bedeutung, dass als sie ihr Haus nicht renovieren konnten, sie wussten, dass die Kirche der Ort ist, der für die Familie etwas bedeutet. Hier wurde ich getauft, hier haben meine Eltern geheiratet, hier wurde meinen Opa begraben… Diese Objekte wurden dann zum neuen Zuhause für diese Menschen und das war der Impuls zur Renovierung. Hejnice sind ein Beispiel davon, weil in den 90er Jahren, die Renovierung (der Interieure) der heruntergekommenen, zerstörten Kirche, wurde von den Sudetendeutschen aus Friedland und Reichenberg Regionen finanziert.


Wir müssen klarmachen, dass die Welt der tschechischen Deutsche geht definitiv unter. Mit der vorangehenden Generation, diejenigen, die jetzt 80, 90 sind, die, die vor 1945 geboren sind, mit denen geht der Begriff der tschechisch Deutsche weg. Das heißt diejenige, die hier geblieben sind und natürlich das selbe auch in Deutschland. Die Kinder der tschechischen Deutsche, die in Deutschland geboren sind, in absoluter Mehrheit, haben natürlich keine Beziehung zu diesem Ort – das ist etwas unverständliches, das ist die Geschichte. Jetzt ist die Zeit, wenn die große Party ist zu Ende, wie ich sage, wenn wir kaum Geld mehr von den Deutschen bekommen, und wir müssen uns jetzt um die Erinnerung selber kümmern. Jetzt ist es unsere Verantwortung. Sie haben uns einen Grund gegeben, haben uns gezeigt, dass für sie das Zuhause eine tiefere Bedeutung hat und jetzt, wenn sie weg sind, jetzt hängt es von uns ab, wie wir mit dem Nachlass umgehen.



2) Mayer, Pfarrer, Deutsch Gablonz

(...) es muss eine grundsätzliche Kloster- und Basilikasanierung durchgeführt werden. Es handelt sich bei beiden Sakralbauten um Nationaldenkmäler. Basilika ist die Priorität. Dabei wurde eine Begutachtung bearbeitet für die Generalsanierung. Es wurde ein Antrag im Rahmen des ROP-Programms (deu. Regionales Operationelles Programm) für das Fördergeld gestellt. Wir können es nur mithilfe dieses Fördergelder sanieren. Leider hat uns die zuständige Behörde (Anm. Denkmalpflegeamt, tsch. Památkáři) sehr spät eine notwendige Dokumentation zugesandt, somit konnten wir uns überhaupt nicht mit unserem Projekt rechtzeitig anmelden um sich mindestens für das Fördergeld zu bewerben. Und aus diesem Grund haben wir nichts bekommen. Das ist zurzeit eine große Frage, wie die Finanzierung gestaltet wird. Gestern hatte ich zufälligerweise eine Besprechung mit dem Reichenberger Hauptmann. Mit dem Fördergeld vom Reichenberger Region könnten wir die Fassade und komplett die Vorderseite sanieren. Der Hauptmann hat sich dazu positiv geäußert. Also damit bin ich zurzeit beschäftigt. Was die Klostersanierung angeht. Da wollen wir eine neue Komposition der Ausstellung im Bezug der heiligen Zdislava vorbereiten. Hierbei würde sich handeln um eine Durchführung durch die Kreuzgänge bis in die historischen Kellergewölben unter der Basilika. Aber in diesem Fall haben wir noch keine Idee, wie wir es finanzieren könnten. (...)


(...) Davon bin ich überzeugt, dass die Stadtgemeinde viel Interesse an die Finanzierung der Sanierung hat, aber falls wir nur die Bevölkerung betrachten, das hängt sehr eng damit zusammen, dass es generell in Tschechien - nicht nur hier - der Grad der Religiosität sehr niedrig ist. Absolute mehrheit hier in dieser Gemeinde ist atheistisch geprägt, also brauchen sie anscheinend das Geld irgendwo anders, zum Beispiel Sport, oder Natur, aber nicht die kirchliche Bauwerke. Die Bevölkerung setzt sich halt andere Prioritäten. (...)


Besteht eine Zusammenarbeit zwischen eurem Pfarrbezirk und einem anderen auf der deutschen Seite?

Als ich hier in dieser Gemeinde angefangen habe, haben wir es versucht mit der evangelischen Gemeinde in Lückendorf. Wir hatten einen gemeinsamen Plan beide Kirchen, also sowohl in Lückendorf, als auch die Kirche in Petrovice zusammen zu sanieren. Wir haben uns mehrmals getroffen. Aber als es zu den Finanzen gekommen ist, sind die Kollegen aus Lückendorf aufgegeben. Sie haben natürlich dafür Recht. Aber muss ich sagen, dass wir mit der Pfarrerin aus Lückendorf gute Freunde sind. (...)

Kommen vertriebene Deutschen oder ihre Nachfahren hier manchmal vorbei?

Ab und zu kommen einige, dass sie zum Beispiel hier getauft wurden, oder das sie Familienmitglieder in der Matrikel suchen. Da bin ich immer sehr gerne hilfsbereit. Leider ist die lokale Matrikel nur bis zum Jahr 1950 verfügbar. Die alte wurde von den Kommunisten zerstört. Also gehe ich mit denen zum Standesamt, da ist es manchmal zu finden. Aber sie kommen nicht so oft. Einmal, zweimal im Jahr. Aber ja, man muss sagen, dass diejenigen die hier kommen, haben ganz anderes Verhältnis zur Kirche und generell zu der Religiosität als hier die Lokalen. Sie sind mehr gleichgültig, was die Pflege der Kirche angeht.



3) Řeháček, Stadtsekretär, Gablonz an der Neiße

(...) Die Bücher reagieren nur auf das Phänomen der Vertreibung und wie sie vertrieben wurden, ich persönlich glaube, dass es gerechtfertigt ist. Aber in den Büchern die Hauptsache fehlt – der Krieg – die Tatsache, dass die Vertreibung nicht aus heiterem Himmel kam. Ich möchte mich ungern mit der Geschichte rund dem Jahr 45 beschäftigen, aber mir interessiert eher die Urquelle, dass die Orte mit Geschichten gefüllt waren. Jedes Haus eine Geschichte hatte. Mehr oder weniger interessant. Menschen mögen sehr so die Morde, Unzüchtigkeit, Techtelmechtel, … das kann man oft in den alten Zeitungen finden. Also mein Ziel ist, die Geschichten da zurückzugeben, woher sie nach dem Krieg mit der Bevölkerung vertrieben wurden. Und die Menschen reagieren darauf unterschiedlich.

Als ich damit 1995 angefangen habe, war hier eine große Gruppe Menschen, die hierher nach dem Krieg gekommen ist, und die sich dazu negativ gestellt hat. Sie haben zum Beispiel gesagt: Warum loben wir so hier die Deutschen und deren Geschichten und wer daran überhaupt interessiert ist. Aber als die Zeit vergeht, gibt es immer weniger Menschen, die dazu Vorbehalte haben und andererseits gibt es immer mehr Menschen, die sich mit diesen Geschichten identifizieren. Die neue Generation, die hier geboren ist, die hier in der Reichenberger Region, im Vergleich zu z.B. Aussiger Region, sich sehr patriotisch fühlt. (...)


(...) Es ist eine Interessengruppe entstanden, heute ist es schon ein Verein Patron und die haben die Schirmherrschaft über die Kreuze, Denkmäler usw. Es ist interessant, dass es nirgendwo anders in der Tschechischen Republik gibt, nur in unserem Region, wo diese Sachen systematisch renoviert werden. Oft begegneten wir sowas, aber wieder, es kommt immer weniger mit der Zeit vor, dass an den Denkmäler eine tschechisch-deutsche Aufschrift ist und plötzlich kommt jemand und die deutsche Aufschrift mit einer schwarzen Farbe verschmiert oder abschlägt. Und sie haben das nochmal renoviert und wieder ist jemand angekommen und wieder verschmiert… Aber es kommt wirklich es passiert immer weniger, als die Zeit vergeht. Für die junge Generation ist es etwas unbegreifliches. Aber vor einiger Zeit waren hier Menschen, die die Sachen nur darum zerstört haben, weil es auf Deutsch war. Zum einen verstanden sie das nicht, zum anderen haben sie das mit den Kriegsereignissen verbunden. (...)


(...) Ein Beispiel für alle sind die Friedhöfe. Die hatten hier eine schwere Zeit. Der Vorteil war, dass in manchen Städten, wie z.B. in Gablonz, im Vergleich zu Reichenberg, blieb bis den 60er, bis der zweiten Welle der Aussiedlung, als die Menschen freiwillig nach Westen gingen, eine große Gruppe der Deutschen, weil sie wesentliche Kenntnisse in der Glas- und Bijouterieproduktion hatten. Also die Tschechen haben sie hier gelassen, damit die Produktion nicht unterbrochen wurde, und die Menschen haben sich schnell zusammengelebt. Darum auch wurde die ganze Reihe der Denkmäler erhalten.

Aber wie kann man sehen auf dem Fall der Statue Rüdigers, weckt bis heute dieses Thema viele Emotionen. Auch wenn nur bei eine sehr kleine Gruppe, aber desto mehr ist das medialisiert. Die Stadt hat die Renovierung einer Reihe Denkmäler bewilligt. Letztes Jahr wurden die Denkmäler für die Opfer des Ersten Weltkrieges aufgestellt. Das hat keine negative Emotionen geweckt, sowie die kleine sakrale Denkmäler keine negative Emotionen wecken und jährlich renovieren wir so ein oder zwei Kreuze. Von den Einheimischen ist es positiv angenommen; gleich nachdem das Kreuz aufgestellt ist, brennen da Kerzen, man legt da Blumen. Trotzdem, dass die katholische Tradition in Tschechien, nur ein sehr kleinen Anteil der Bevölkerung betrifft. Interessant ist, dass diejenigen, die das positiv sehen, sind nicht immer religiös. (...)


(...) Viele Denkmäler wurden vergessen, z.B. Mšeno, war eine selbstständige Gemeinde, heute ein Teil von Gablonz, und die war komplett zerstört, alle Häuser abgerissen. Und auf der Stelle eine Plattenbausiedlung gebaut wurde. Nur drei Denkmäler blieben da stehen (siehe Fotodokumentation). Zu der Zeit absolut unbegreiflich: eine Kirche, eine Kapelle der heiligen Anna, und eine Pieta. Diese drei Sachen stehen da zwischen den Plattenbauten. Das ist bizarr.

Diese Gemeinde wurde darum abgerissen, weil man Wohnkapazitäten brauchte. Weil nach dem Krieg waren hier die Jugendstilhäuser und hier und da waren Holzhütten; Gablonz entwickelte sich sehr dynamisch um die Jahrhundertwende – ein Dorf wurde zu einer Großstadt. Aber es gab hier keinen Wohnraum. Aber was interessant ist, dass auch in der Zeit, wo man diese Sachen, die eine Bindung zu der Geschichte hatten, nicht schätzte, wurden diese drei Sachen erhalten. (...)


(...) Die Deutschen, die hier schon lange vor dem Krieg waren, die hatten hier Vermögen und haben hier ganz normal funktioniert. Plötzlich haben sich die (tschechischen) Nachbarn gegenüber ihnen schrecklich benommen. Und manche Deutschen konnten das nicht ertragen und gingen einfach weg. Und das waren die klassischen zwischenmenschlichen Beziehungen: Neid, Liebhaberinnen… Für uns ist es heute unfassbar. Aber wir können nicht denken, dass in zehn Jahren es nicht wieder hier ist. Ich will nicht pessimistisch sein. Es ist nur, das solche einfache Sache wie die zwischenmenschlichen Beziehungen ist so komplex, dass keine Bildung, wie man behauptet, hilft nicht, wenn man das Feuer anzündet und andere Leute überzeugt ihn zu folgen… Und man bemüht sich. Aber zum Glück hat man das noch nicht geschafft. (...)



4) Spálová, Sozialwissenschaftlerin, Krombach

(...) Die Kirche hat eine große Rolle gespielt in Bezug auf der religiösen Erinnerung. Die Sudetendeutschen haben die katholische Identität mit der regionalen sehr verbunden. In Deutschland, wenn die Erinnerungsorte an Heimat erstellt werden, wurde es oft mit der religiösen Erinnerung verbunden. Es wurde da eine Kapelle gebaut und dazu ein Museum (Heimatstube) oder hatten sie Wallfahrtsorte…

In meiner Dissertation habe ich dazu gekommen, dass die Erinnerungskultur in zwei Regime durchläuft: einerseits nationalistisch, wie es nach dem Krieg bestimmt wurde, das zurückgewonnene Land. Viele Akteure danach noch leben, dass die Grenze hier behalten werden muss. Es gibt hier z.B. der Klub des tschechischen Grenzgebiets. Und diese Leute glauben, dass die Zusammenarbeit mit den Deutschen eine Bedrohung für die nationale Identität darstellt. Und der zweite Diskurs; der fängt mit so einem humanistischen Impuls an, Richtung Versöhnung und Bekenntnis der tschechischen Schuld. Zum Beispiel die Bewegung Antikomplex das war ihren Einsatz. Es waren Geschichtsstudenten und sie sagten: gut, es gab den Krieg usw., aber dann gab es hier die Vertreibung und eben das Thema der Vertreibung muss man öffnen, weil es traumatisch ist. Darum auch „Antikomplex“ – wir müssen die eigenen Komplexe beseitigen, um weiter in Europa zusammenarbeiten zu können.

Viele solchen Initiativen haben ähnlichen Weg durchgegangen von diesen humanistisch-politischen Ideen bis zu so einem regional, landschaftlich, künstlerisch… Sie haben verstanden, dass so geht es nicht, dass wenn sie eine Debatte über Vertreibung organisieren und laden die Vertreter der Landsmannschaft ein, da kommen Menschen, die keine konstruktive Argumente haben werden… Ich habe das mehrmals erlebt. Sie werden einander die historischen Schulden vorwerfen und sie gehen tiefer und tiefer und am Ende diskutieren sie darüber, ob hier die Slawen oder Germanen früher waren… Also das bringt kaum Versöhnung. Und darum hat sich der Antikomplex zu der Landschaft gewendet, die ihrer Meinung nach apolitisch ist, was meiner Meinung nach nicht stimmt. Aber es ist sicher besser als vorher.


Das Wort „Sudeten“ kann auch positiv verstanden werden. Man nimmt das als Hipster Kennzeichnung – „Ich komme aus Sudeten – ich bin knallhart und cool… Ich war durch was.“ Und so… Die jungen Menschen genießen das, dass sie aus den Sudeten kommen. Hier ist alles verlassen und bewachsen und dass es hier die komplizierten Geschichten gibt. Während in anderen Regionen alles mit der Tradition verbunden ist, hier nicht. Hier ist alles free.

(...) Das Denkmal in Světlá… Das haben die Legionäre aufgestellt. Ja, das sind die, die Legionäre spielen… Die Tschechische Legionärgemeinde. Aber aus Sobotka, gar nicht von hier! Die Tschechische Legionärgemeinde aus Sobotka hatte so ein Bedürfnis hier auf Wache, es ist ein Grenzübergang, ein Denkmal zu bauen. Da gab es ursprünglich ein deutsches Denkmal, weil durch den Ort die wilde Vertreibung durchlief. Und sie haben gegenüber dem deutschen Denkmal ein eigenes gebaut. So ein Krieg der Denkmäler.

Der Mann, der das initiiert hat, der ist ein Amateur der Militärgeschichte, also für ihn war es eher um die Geschichte zu erinnern. Nicht, dass er gegen etwas kämpfen wollte. Aber sie haben es nicht zu Ende gedacht, wie es in dem Raum wirken wird. Es gibt eine Tafel da, aber nur auf Tschechisch! Und da führen sie Akte der Pietät durch… Da kommt die Armee der Tschechischen Republik an, alle Bürgermeister von umliegenden Gemeinden, diese Legionäre, die in den Anzügen aus den 30er Jahren anziehen, laufen mit Fähnchen rundherum, blasen Trompeten, schießen Salven… Und da stehen Touristen, weil daneben es ein deutsches Hotel gibt, und die haben keine Ahnung, ob einen Krieg angefangen ist, oder was ist los… Niemand kann das erklären, weil die Legionäre kein Wort Deutsch sprechen! Ihnen fällt es überhaupt nicht ein, dass sie es übersetzen sollten…


Die Situation in den 90er hat sich beruhigt, als es den Tschechen klar wurde, dass die Sudetendeutschen das Vermögen nicht zurück wollten. Und auch dass die Zusammenarbeit sich auch anders entwickelt hat, außer der Sudeten-deutschen-tschechischen Ebene. Weil es vom Anfang an so war. Die Sudetendeutschen waren an das Erinnern interessiert, die sind hier gekommen, das waren die Deutschen, die hier gesehen wurden. Aber diese Menschen kommen nicht mehr, weil diese Vereine aussterben.

Letztes Mal, als sie hier eine Versammlung (ein Heimattreffen) hatten, haben nur ein kleines Bier getrunken… Als es hier zum ersten Mal war, hatten sie hier getanzt, eine Messe in der Kirche durchgeführt… Die sind jetzt einfach zu alt.

Und die junge Generation ist daran nicht mehr interessiert. Sie sind nur wegen der Alten als Begleitung gekommen. Sie sind froh, dass sie das loswerden können. Das ist so eine Familienbelastung; sie sind froh, wenn sie die Sachen ins Museum übergeben können….

Also die Jungen sagen: „Ich bin so begeistert, dass jetzt das Sudetendeutsche Museum in München gibt, weil wir da jetzt alles, was wir auf dem Dachboden haben, übergeben, die Großmutter nimmt ihr Zeugnis auf und Schluss! Ich bin nicht mehr derjenige, der die traumatische Erinnerung übergeben muss, weil es jetzt die Sache des Museums wird…“ Die versuchen sich davon zu distanzieren.



5) Šiftová, Direktorin eines Gymnasiums, Reichenberg

(...) "Die Erinnerung, hier in diesem Region, ist deutsch, falls wir es wollen, oder nicht’’ ,,In diesem Hinsicht, bin ich der Meinung, dass wir in der letzten Zeit sehr vorangekommen sind"... "Als ich jung war galt, was deutsch ist, ist automatisch schlimm und das ist nicht mehr so, Gott sei dank! Also für die heutigen Studenten spielt die Nationalität überhaupt keine Rolle."

Da sich die Interesse in jeder Generation ändern, betrifft dies auch unsere Gymnasiasten, somit verliert dieses Thema im Laufe der Zeit immer mehr an Aktualität. Andererseits jeder Schüler muss selbst ein Thema finden, das sich zu der regionale Geschichte bezieht, also dies erregt die Studenten schon von sich selbst über dieses Thema zu schreiben. "Und was anderes sollte die regionale Identität in unserem Region bilden, wenn nicht solche Arbeiten der Schüler’."


Es gibt zurzeit keine Zusammenarbeit mit einer Schule oder Institution aus dem Region, wo die Reichenberger Deutsche ausgesiedelt wurden. Es gibt leider auch keine andere Art von einer zwischenstaatliche zusammenarbeit auf der Partnerschaftsebene. Früher gab’s mit der Schule aus Seifhennersdorf - jedoch die deutschen Schulen sind nicht mehr an unserer Zusammenarbeit interessiert (im Interesse der neuen Schulleitung mehr Frankreich, England...).

Einmalige Zusammenarbeit ist leider nicht Wert solchen Projekten zu machen, da es viel Zeit kostet und man sieht nicht so viel am Ende wie mit einer Partnerschule.


Die Erhaltung der Erinnerungskultur in Reichenberger Region findet sie persönlich sehr wichtig, vor allem in Hinsicht auf die gemeinsame Geschichte, die über 800 Jahre lange dauert. "Es wäre eine Sünde sich nicht diese gemeinsame Wurzeln zu erörtern."



6) Vašinek, Pfarrer, Grottau

(...) Wenn ich als ein Geistlicher sprechen kann, nehme ich bei der Denkmalpflege bzw. Erinnerungskultur mehreren Dimensionen wahr. Auf jeden Fall handelt sich um eine Zusammenarbeit, also sowohl zwischen der Gemeindeverwaltung und der Kirche und als auch die internationale Zusammenarbeit, also auf der anderer Seite der Grenze. Jedoch für uns (Tschechen) hat es noch ein anderer Dimension. Es ist nicht nötig viel zurück in die Geschichte zu gehen. Jedoch dadurch, dass hier in diesem Region zu einer wilden Vertreibung, dann erdreiste ich mich zu sagen, dass Orte eigene Erinnerung haben und es war sehr anspruchsvoll. Als hier die Landsmänner die Heimat verlassen mussten, wir (Tschechen) haben ihnen nichts übrig gelassen dafür, was hier davor passiert ist. ,,Unsere‘‘ (Tschechen) haben alle gleich in einem Topf geworfen und als Deutsche bezeichnet, dafür waren sie ja schuld für alle Unrechte, die hier passiert sind. Hier sind riesige Wunden und Schmerzen geblieben. Also wie ich am Anfang erwähnt habe, ich komme von Inland und als ich hier kam, konnte ich spüren, dass hier das Ort etwas aus der Geschichte mitträgt. Schauen Sie, hier in dieser Gemeinde – das können sie ausschneiden – hat jedes Haus einen Erhängten. Ich habe das Gefühl, dass hier die Leute das Leben irgendwie schwieriger haben. Na ja, überall haben es die Menschen schwer, sagt man. Aber die geistliche Dimension, dass hier etwas schmerzhaftes in der Luft ist, merkt man. Aus dieser Perspektive hat hier das Böse eine Spur hinterlassen und das ist ein Teil unserer Beziehungen auf der kulturellen Ebene, jedoch auch auf der geistlichen Ebene: Verzeihen, Versöhnung, Wiederbelebung Wiederaufnahme unserer Beziehungen, weil wir (Deutsche und Tschechen) einfach zusammen gehören. Und nicht nur, dass wir heute keine Grenzen mehr haben, keine Reisepässe mehr brauchen, einfach in Deutschland bessere Lebensmitteln einkaufen können, wie es heutzutage die Menschen thematisieren. Es gibt aber eine moralische Bindungen, die hier irgendwie verletzt wurde.


(...) Also ich bin als Pfarrer zuständig für sechs Pfarrämter, d.h. Hrádek dazu gehört noch das Dorf Václavice, das heutzutage zu Hrádek gehört, aber früher sie als ein eigenständiges Dorf galt. Das Dorf war reich, deutsch. Dann auch Nová Ves. In allen diesen drei Orte wird eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit vorangetrieben und gepflegt. In Václavice und Nová Ves ist es wirklich historisch gegeben, weil da eine Zusammenarbeit mit den ehemaligen Landsmänner besteht. Diese Landsmänner kommen hier einfach nicht nur zu Besuch, sondern beteiligen sich auch auf dem Behalten der Erinnerungskultur, also Denkmalpflege etc. Jedoch hier in Hrádek, haben wir niemandem gefunden, besser gesagt haben wir niemanden getroffen von den Ausgesiedelten Landsmännern. Jedoch nach der Wende, mithilfe von den EU-Geldern und Grenzöffnung, ist es gelungen eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Stadt Zittau, Oybin, Frýdlant. Nicht nur auf der offiziellen Ebene zwischen den Gemeinden, sondern auch in der Nachbarschaft. (Also Kirche, Gemeinde, Nachbarschaft). Dabei arbeiten wir zusammen auf einem Projekt Pamět v krajině Trojzemí (Die Erinnerung im Dreiländereck), wobei versuchen wir die kleine Denkmäler nach unseren Vorfahren zu erneuern oder sanieren. Es ist ja alles ursprünglich deutsch, die Kirche, die Kreuze, die Mahnmäler. Also wollen wir es auch nach unseren deutschen Vorfahren behalten und thematisieren.


Es sieht so aus, dass es hier in dieser Gemeinde genug Interessierenden Leuten gibt, die sich damit beschäftigen um es alles schön zu halten, bzw. es zu pflegen.

A: Genau! Als ich damals vor 6 Jahren hier kam, ich war positiv absolut überrascht, weil es nicht überall so ist wie hier. Wenn sie beispielsweise auf dem Land vor allem und generell hier in der Grenzgebieten durch die Gemeinde gehen, nicht immer ist es so lustig. Viele Denkmäler, oder einfach selber die Häuser sind so in einem Zustand, schade darüber zu sprechen. Der Region ist einfach von der Geschichte immer noch betroffen. Hier in dieser Gemeinde Hradek oder Chrastava Gemeinde das selber, ist es außerordentlich gut gepflegt. Da haben sie auch solche eigener Aktivität, Herr Perina beschäftigt sich damit. Also hier wird die Erinnerungskultur auf jeden Fall abnormal auf hohem Niveau gepflegt.


Die Friedhöfe bestehen hier in den Sudetenland aus meistens zwei Abteilungen. Also ein tschechischer aktueller Teil und ein ursprünglich deutscher Teil. Hierbei kommt drauf an, wie viel Geld hat die Gemeinde zur Verfügung. Hier ist es zum Beispiel sehr schön gepflegt, jedoch in der Kreis Leitmeritz (Litomerice) hab ich gesehen, dass es wirklich traurig aussah. Die Graben waren offen, Grabsteine schief, man konnte sogar teilweise die alte Käfige sehen. Das ist natürlich erbärmlich. Hier in Hradek wird die gesamte Friedhofsgelände schön gepflegt, Rasen gemäht. Es scheint für mich, dass hier wird es so verstanden, dass es alles ein Friedhof ist und der gehört uns alle, egal woher man kommt. Es passiert sogar ab und zu, dass auf einem Grab ein Kerzen leuchtet oder man findet eine Kunstblume, die da dann halbes Jahr liegt. Also man sieht, dass sie (Die Nachfahren der Vertriebenen) Interesse daran haben, eigene Wurzeln zu suchen. Sonst, was die deutsche Schrifte angeht, man sieht, da gibt’s ein Graben von ehemaligen Bürgermeister, da liegt ein Pfarrer. Also hier in Hradek, oder ich würde sagen auch in Chrastava wird sowas gepflegt.


Also, was ich von meinem Vorgänger weiß, oder aus der Chronik. Mein Vorgänger hat hier 43 Jahre gedient. Als er hier kam, es war natürlich alles komplett zerstört. Er hatte in diesem Hrádek-Chrastava Gebiet insgesamt fünf Kirchen und sechs Pfarrämter zu bedienen. Ich traue mir zu sagen, alle Kirche waren in einem Notzustand, jedoch dadurch, dass er so gut diplomatisch mit den Kommunisten als ein Priester handeln konnte, ist diese Leistung hervorragend. Und das ist überraschend, da er nicht mit dem Staat nicht kollaboriert. Es ist wirklich ein Kunststück, dass er so viele Kirche in Sudentenland, vor allem nach den Deutschen, sanieren konnte, das Geld dafür vom Staat erhalten hat. Ja, also als ein anstelliger Diplomat konnte er mit den Bolschewiki es aushandeln und vereinbaren. In Bílý Kostel (Anm.: ein Dorf Weiße Kirche) z. B. befindet sich eine Kirche, die einiger Zeit als ein Bibliothek, dann als Lagerraum und später sogar als Schweinestall gedient hat. Heutzutage ist die Kirche gerettet. Also als er gesehen hat, dass es sich nicht bei der Sanierung trotz Versprechen bewegt, ist er einfach persönlich zu dem Volksbezirksamt gegangen und hat gesagt: "Schauen sie, das Dorf heißt seit Jahrhunderten Bily Kostel (Weiße Kirche), falls die Kirche da nicht mehr zu finden wird, wie wird es den aussehen bitte? Dann reisen sie gleich das ganze Dorf ab!" Ja und die Dummköpfe haben sich endlich Gedanken gemacht: "Hä, wie würde es wirklich aussehen?!"... Also er hat die Sehenswürdigkeiten manchmal sogar mit den Wörterspielchen gerettet.


(...) Es ist notwendig eine Aussöhnung zu machen, sonst tragen wir dieses Tabu weiter und dieses Unrecht werden von uns unsere Kinder Übernehmen. Es ist wie eine Wunde, falls da rein nicht ein Versöhnungsöl eingegossen wird, sozusagen. Es bleibt einfach. Es heilt sich langsam, nicht überall, aber es heilt sich.



7) Zámečník, Bürgermeister, Reichenberg

(...) Was die Geschichte angeht, in der Vergangenheit, 20, 30 Jahre her, sagte man, dass Reichenberg hat seinen deutschen Charakter erhalten, der hier war. Reichenberg war die zweite reichste Stadt in 19. Jahrhundert dank Textilindustrie. Damals hat sich die Architektur der Stadt entwickelt, das Rathaus, das Theater (die architektonischen Denkmäler) wurden gebaut… Während Kommunismus wurde Reichenberg vergessen, weil es keine Hauptstadt mehr war, und das haben wir dann auch gesehen, weil es hier keine Investitionen in der Infrastruktur gab. Das regionale Hauptstadt war damals Aussig (Ústí nad Labem) – da wurde abgebaut (abgerissen), weil da es das Geld gab. Hier war kein Geld, also nichts wurde abgerissen – deshalb wurde hier alles erhalten. Es freut uns jetzt sehr, dass Reichenberg nur eine zweite Rolle spielte, und dass der Charakter des Aufbaus im Zentrum geblieben ist.

Nach der Revolution gehörte alles dem Staat, der Staat hat das der Stadt übergeben und plötzlich besaß die Stadt einen riesigen Wohnungsfonds; wie die Miethäuser nach den Deutschen, die lange in dem Besitz des Staats waren im Gegenteil zu einer gewöhnlichen im Mittelböhmischen Region. Die Stadt Reichenberg hat dann diese Miethäuser privatisiert. Hier geschah eine riesige Änderung der Besitzer. Was war am Anfang deutsch, wurde dann frei, auf einmal war das staatlich, dann wurde es frei, dann 1992-1998 wurde das privatisiert. Während der kleinen Privatisierung hat jedes Haus (und manchmal Wohnungen) einen Besitzer erworben und dann fing man an, alles wieder aufzubauen.

Hier sind viele deutsche Häuser geblieben und die nachkommenden Generationen haben daran (an der Architektur) angehaftet. Das ist die Identität und ein Teil von der Wahrnehmung des Raumes.

Ist dieses Thema in der Zusammenarbeit mit den Partnerstädten besprochen?

Nein. Zittau ist z.B. eine Partnerstadt. Die Städte sind ebenbürtig, die Geschichte spielt keine Rolle mehr, wir erinnern uns daran nicht, weil wir z.B. die Sachen rund herum die Schüleraustausch besprechen. Oder Sprachenunterricht… So praktische Sachen eher, weil wir da noch Polen haben. Und mit denen auch besprechen wir so praktische Themen. Dazu noch, wenn ich darüber scharf spreche, haben die Polen das deutsche Territorium besiedelt, da könnte man noch gespanntere Beziehungen erwarten. Aber das gibt es da gar nicht.


Wie ist die Situation mit den Schulen? Schüleraustausch usw…

Die Initiative ist mehrheitlich aus der tschechischen Seite, weil hier wird deutsch als Zweitsprache gelehrt. Für die Deutschen ist es nicht so attraktiv, weil die die Sprache (tschechische) nicht lernen. (15:32) Wir organisieren viele sportlichen Veranstaltungen, wo die Sprache nur eine zweite Rolle spielt. Es kann nicht eine sprachliche Zusammenarbeit sein. Es ist nicht attraktiv.


(...) Wir haben hier den Nachlass nach dem Zweiten Weltkrieg übernommen, als die deutschen (Namen der Straßen) beseitigen wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Straßen nach den bedeutenden Tschechen umbenannt und die deutschen Namen weggeworfen. Jetzt würde niemand nach den berühmten Deutschen nachfragen (außer so Architekten des Rathauses…) Aber es ist nicht so, weil die deutschen sind, aber nur darum, dass es niemandem gar nicht einfällt. Die Straßen sind so genannt, so warum sollen wir das ändern? Und die neuen Straßen wurden nach aktuellen (neuzeitlichen) Menschen genannt.

Die Mittelböhmischen Städten haben das viel einfacher in diesem Aspekt. Die haben das alles historisch geerbt und niemand baut das um. Hier musste man immer wieder die Geschichte umschreiben.


(...) Konrad Henlein ist noch ein Ehrenbürger hier. Ich bekomme ständig fragen darüber, ob wir ihn aus der Liste rausnehmen. Aber warum würden wir das machen? So ist die Geschichte der Stadt! Er war einmal als Ehrenbürger bestätigt, so ist es, und jetzt müssen wir lernen damit zu leben. Gefällt uns das oder nicht. Was würden wir daraus haben, wenn wir ihm entfernen?



6 views0 comments
bottom of page